Annette Hasselbeck

Promotionsprojekt:

Arbeitstitel: „Das Buch als Ort. Das Künstler*innenbuch als ortserkundende und raumbildende Praxis in Kunst und Lehre – Beispiele reflektierender Praxis“


Das Dissertationsvorhaben geht der Frage nach, inwiefern sich das Buch als künstlerisches Medium zur Erkundung und kunstpraktischen Reflexion von Orten in Lehrprozessen eignet.

In der kunstdidaktischen Forschung sind in der jüngeren Vergangenheit verschiedene künstlerische und gestalterische Buchformate, wie Portfolios, Tagebuchformate und Werkbücher untersucht worden, die prozessreflexiv ausgerichtet sind. In diesem hier vorgestellten Forschungsvorhaben soll an diese Erkenntnisse anknüpfend nun das explizit künstlerische Buch, das weniger als Begleitmedium, sondern vielmehr als zentraler Gegenstand künstlerischer Praxis fungiert, erforscht werden. Dazu werden Künstler*innenbücher fokussiert, die sich mit der gebauten Umwelt, der architektonischen Gestaltung von Orten und Räumen und dem Erleben dieser Orte und Räume auseinandersetzen.

Der Frage nach dem besonderen Potenzial des Künstler*innenbuches Orte zu reflektieren und Ortserfahrungen künstlerisch zu transformieren wird anhand von Reflexionen zur Relation von Ort, Raum und Buch in der Lehre sowie exemplarischen Untersuchungen von Künstler*innenbüchern aus der Kunst und der kunstdidaktischen Lehre nachgegangen. Dabei werden Potenziale einer künstlerischen Buchpraxis untersucht, die auf ortsbezogenes Arbeiten ausgerichtet ist.

Die Ortsbezogenheit der Arbeiten soll auf Basis der Diskussion von Ort und Raum im Kontext der Forschungsfrage reflektiert werden. Hier wird zunächst die Relation von ‚Ort‘ zu ‚Raum‘ anhand der Orts- und Raumkonzeptionen von Michel de Certeau und Tim Ingold sowie Gernot Böhmes Konzeptionen einer ‚Atmosphärischen Kompetenz‘ Lernender in Bezug auf Orte untersucht. Um das Künstler*innenbuch in dem dynamischen Gefüge dieser Relation verorten zu können und für die kunstdidaktische Reflexion des Mediums Künstler*innnenbuch relevante Aspekte herausarbeiten, werden exemplarisch künstlerische Buchbeispiele von der frühen Geschichte der Buchkunst bis in die Gegenwartskunst untersucht.

Weitere Buchbeispiele reflektieren den Buchraum als Ort des Lernens bzw. Lehrens und die Entwicklung des Buches aus künstlerischer und medienreflexiver Perspektive, um das Buch als künstlerisches Lehr- und Lernmedium einerseits aus bildungswissenschaftlicher Perspektive und anderseits aus kunstwissenschaftlich-didaktischer Perspektive zu verstehen.

Durch exemplarischen Untersuchungen ortsbezogener Künstler*innenbücher und Bucharbeiten Studierender aus speziell für das Forschungsvorhaben entwickelten Lehrprojekten sollen Aspekte herausgearbeitet werden, die für Künstler*innenbücher als mögliche Orte künstlerischer Prozessreflexion und Medien der Sichtbarmachung des Wechselwirkverhältnisses zwischen Ortsbildern, Orten und den sich dort aufhaltenden Menschen relevant sind.

Bücher als künstlerische Medien werden in den Untersuchungen als Orte selbstreferenzieller Medienreflexion beleuchtet, da Künstler*innenbücher nicht nur ihren Gegenstand der Auseinandersetzung – im Fall der hier vorliegenden Untersuchung Orte und Räume in der Stadt – künstlerisch reflektieren, sondern auch die medialen Besonderheiten des Buches aufzeigen, indem Gestaltungen die Möglichkeiten und Grenzen des Buches durch Erweiterungen, Negierungen oder Betonungen sichtbar machen, wenn sie das Buch als künstlerisches Format in seinen Grundeigenschaften nutzen, es modellieren, aber auch hinterfragen.

Damit sollen in diesem Forschungsvorhaben im kunstdidaktischen Diskurs bisher offene Fragen zum Medium Künstler*innenbuch beforscht und der Frage nachgegangen werden, ob mit dem künstlerischen Buch nicht nur Orte auf besondere Weise erkundbar und beschreibbar werden, sondern ob das Buch auch selbst Eigenschaften von Orten aufweist.